Erste konzeptionelle Überlegungen wurden im Bielefelder Forum Jungenarbeit bereits im Dezember 2000 angestellt. Im Frühjahr 2002 wurden dann das "Rahmenkonzept Jungenarbeit" im Forum Jungenarbeit verabschiedet. Aufbauend auf dem Rahmenkonzept erarbeitete das Forum dann die "Bielefelder Rahmenrichtlinien zur Förderung der Jungenarbeit in der Kinder- und Jugendhilfe", die Anfang 2009 im Jugendhilfeausschuss verabschiedet wurden.
Bielefelder Rahmenrichtlinien zur Förderung der Jungenarbeit in der Kinder- und Jugendhilfe
Die besonderen Lebenslagen von Jungen sind in der Kinder- und Jugendhilfe zu berücksichtigen.
1.1 Gesellschaftliche Grundlage:
Jungen geraten mehr und mehr in den öffentlichen Focus. Sie sind oft laut und benehmen sich rüpelhaft. Ihren Platz in der Gesellschaft zu finden, ist für viele schwieriger geworden. Dass es um die "kleinen Helden in Not" besser stehen könnte, ist nicht ganz neu.
Jungen sind ins Gerede gekommen. Sie schneiden in den meisten Schulfächern im Vergleich zu Mädchen schlechter ab. Der Anteil an Jungen an bestimmten weiterführenden Schulen sinkt, während er bei den Schulabbrechern steigt. Außerhalb von Schule stehen Jungen noch häufiger im Rampenlicht. Konflikte mit dem Gesetz und Gewalttaten machen sie verdächtig. Dass Jungen hier auch überproportional Opfer von Gewalt sind, ist allgemein weniger bekannt.
In der Entwicklung eines Jungen spielt die wahrgenommene Geschlechterzugehörigkeit eine wichtige und zentrale Rolle. Das soziale Geschlecht wird zugeschrieben, erworben und hergestellt. Jungen und junge Männer finden sich hier in besonderen Lebenslagen wieder, die sich von den Lebenslagen von Mädchen und jungen Frauen beträchtlich unterscheiden.
Jungen haben einen Mangel an männlichen Bezugspersonen. Daheim ist die Mutter, im Kindergarten die Erzieherin und in der Grundschule ist die Lehrerin vorzufinden. Die Zahl der Kinder in ‚Einelternfamilien' ist in der Vergangenheit rasant gestiegen. Für Jungen hat die neue Vaterlosigkeit und das Fehlen männlicher Erwachsener im Erziehungsprozess zahlreiche Folgen.
Auf ihrer Suche nach dem sozialen Geschlecht sind Jungen ehrgeizig und finden schließlich dennoch männliche Vorbilder. Medial vermittelte Bilder von Männlichkeit stehen den Heranwachsenden in einer attraktiven Vielfalt zur Verfügung. Als Ersatz für fehlende greifbare, männliche Bezugspersonen bilden diese Vorstellungen von Männlichkeit das dominierende Leitsystem für eine Vielzahl von Jungen. Sie mögen beliebt sein: Klitschko, Eminem, Ronaldo ... und wie sie alle heißen; für die Bewältigung des Alltags sind sie nur begrenzt tauglich.
Jungen finden sich in einem enormen Spannungsverhältnis wieder. Zwischen Stärke und Schwäche haben dürfen, zwischen "Probleme haben" und "Probleme machen" dürfen und zwischen Opfer- und Tätersein taumeln viele von ihnen umher. Unsicherheit in Bezug auf das soziale Geschlecht dürfte mehr Jungen überfordern, als uns die alarmierenden Statistiken zu Suizid, Schulversagen, Delinquenz, ... liefern, um hier nur einige zu nennen. Jungen sind nicht gleich Jungen. Hier ist eine differenzierte Sichtweise notwendig. Jungen unterscheiden sich auch aufgrund ihrer divergierenden Lebenslagen: Die kulturelle Herkunft und damit verbundene Potentiale als auch Probleme, die ökonomischen Möglichkeiten, der Bildungsstand der Familie, die Zusammensetzung der Peergruppe, die eigene schulische Situation und viele weitere Faktoren bestimmen die Lebenswelt der Jungen. Diese kausalen Zusammenhänge sind in den pädagogischen Zugängen der Jungenarbeit zu beachten.
Wie in allen Feldern der Jugendhilfe ist auch in der Jungenarbeit die demographische Entwicklung zu beachten. Der steigende Anteil der Jungen mit Zuwanderungsgeschichte erfordert eine erweiterte interkulturelle Ausrichtung der Angebote.
1.2 Rechtliche Grundlage:
Das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) fordert, dass "bei der Ausgestaltung der Leistungen und der Erfüllung der Aufgaben (...), die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen zu berücksichtigen, Benachteiligungen abzubauen und die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen zu fördern" seien. (vgl. SGB VIII, § 9 Abs. 3)
Das Kinder- und Jugendförderungsgesetz verpflichtet im § 4 die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe bei der Ausgestaltung ihrer Angebote, "die Gleichstellung von Jungen und Mädchen als durchgängiges Leitprinzip zu beachten". Die geschlechterdifferenzierte Mädchen- und Jungenarbeit wird im §10 weiterhin als eigenständiger Arbeitsschwerpunkt festgelegt. Angebote der Mädchen- und Jungenarbeit, die der Förderung der Chancengleichheit dienen und zur Überwindung von Geschlechtsstereotypen beitrage, sind entsprechend zu fördern und erhalten. (vgl. 3. AG - KJHG NRW – KJFöG)
Die geschlechterdifferenzierende Kinder- und Jugendarbeit wird ebenfalls im kommunalen Kinder- und Jugendförderplan für Bielefeld beschrieben. Hier wird darauf hingewiesen, dass Leitlinien für die Umsetzung geschlechtsdifferenzierter Kinder- und Jugendförderung als Querschnittsaufgabe hilfreich sind. (vgl. Kinder- und Jugendförderplan für Bielefeld, S. 4-6 JHA, Stadt Bielefeld, 2007)
Für die Umsetzung geschlechtsdifferenzierter Kinder- und Jugendförderung ist im Zuge der kommunalen Jugendhilfeplanung die Einbindung und Kooperation mit vorhandenen Arbeitskreisen und Initiativen der Jungenarbeit zu empfehlen.
Einen zentralen Entwicklungsschritt in der Jugendphase von Jungen stellt die Ausbildung der eigenen Geschlechtsidentität dar. Es geht dabei um die Frage von Jungen: "Wie kriege ich es hin, ein "richtiger" Mann zu werden?". Hier setzt eine geschlechtsbewusste Pädagogik an, die Jungen befähigen will, ihre eigenen Antworten zu finden, die nicht in der Abwertung des anderen Geschlechts begründet sind. Die Aufgabe von Jungenarbeit ist es hierbei, durch geeignete Maßnahmen und Angebote die Entwicklung junger männlicher Menschen auf ihrem Weg zum Erwachsensein zu fördern. Da die Sozialisation, Geschlechtsrollenanforderungen und Lebensperspektiven von Jungen und Mädchen unterschiedliche sind, muss die Förderung der Entwicklung von Jungen und Mädchen ebenso unterschiedlich sein. Jungenarbeit ist keine Methode, die schnell erlernt werden kann. Jungenarbeit ist mehr als die Summe der angewandten Methoden. Jungenarbeit ist vor allem eine Lebenshaltung, eine Sichtweise.
2.1 Jungenarbeit analog zur Mädchenarbeit ausbauen Jungenarbeit ist analog zur bereits in vielen Feldern sowie Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit bestehenden und etablierten Mädchenarbeit zu installieren. Dabei versteht sich Jungenarbeit als ein ergänzender geschlechtsspezifischer Arbeitsansatz. Keinesfalls kann und darf Jungenarbeit, speziell aus einem heute zu oft aus Mittelknappheit entstehenden ressourcenorientierten Blickwinkel, konkurrierend zur Mädchenarbeit verstanden werden. Dennoch ist es auch notwendig, dass sowohl Jungen- als auch Mädchenarbeit als eigenständige Arbeitsansätze zu betrachten sind. Gleichwohl gibt es Schnittstellen, an denen die Fachkräfte zusammen arbeiten sollten. Jungenarbeit muss auch in der Geschlechterpolitik des Bundes stärker als bisher thematisiert werden. Neben der strukturellen und finanziellen Förderung von Mädchenprojekten müssen hier zukünftig auch entsprechende Jungenprojekte unterstützt werden. Die bisher eher aus der praktischen Arbeit heraus entwickelte Jungenarbeit muss somit auch eine noch größere Basisstärkung auf Landes- und Bundesebene erfahren.
2.2 Die Geschlechterrolle als zentrale Kategorie Die Geschlechterrolle bzw. Geschlechtsidentität wird in der Jungenarbeit als zentrale Kategorie in den Blick genommen. Männlichkeit wird in diesem Sinne nicht als naturhaft gegeben und unveränderlich verstanden, sondern als sozial, gesellschaftlich-historisch konstruiert und in stetiger Entwicklung befindlich. Hier führt z. B. besonders die Pluralisierung von Lebenswelten bei Migranten u. a. auch zu einer zunehmend pluralen Konstruktion von Männlichkeit. Unterschiedliche kulturelle, religiöse Wertehintergründe und sexuelle Orientierungen (der Adressaten der Jungenarbeit) stellen dabei eine zusätzliche Anforderung an die Ausgestaltung der Jungenarbeit dar. Das Interesse von Jungen an einer Veränderung tradierter Geschlechterrollen ist häufig nicht besonders ausgeprägt, da die Jungen/Männer von der Rollenaufteilung zwischen Mann und Frau scheinbar nur profitieren. Der "Preis", den sie für ihre Rolle zahlen, ist für sie oft nicht unmittelbar ersichtlich. Den Jungen erscheint es notwendig, um als "Mann" im Wettbewerb des täglichen "Daseins" bestehen zu können, Gefühle zu unterdrücken, ein gewisses Gewaltpotential zu demonstrieren und dieses ggf. einzusetzen, auch wenn sie hierdurch nicht selten Sanktionen ausgesetzt sind.
2.3 Jungen haben das Problem, keine Probleme haben zu dürfen In der täglichen Jugendarbeit erleben Pädagogen die Jungen jedoch auf ihren Irrwegen zwischen dem Anspruch, ein "richtiger" Mann sein/werden zu müssen, wie ihn z. B. die Medien vorgeben (cool, stark, alles im Griff, keine (allenfalls lösbare) Probleme, Omnipotenz) und der Wirklichkeit, in der doch nicht alles so klar und einfach ist, da unterschiedlichste Rollenanforderungen in unterschiedlichen Lebensbereichen von den Jungen eingefordert werden. Diese Diskrepanz zwischen "Ist" und "Soll" zu verarbeiten, ist für die Jungen verunsichernd und führt nicht selten zu Verhaltensweisen (wie z. B. Unterdrückung von Gefühlen, Machogehabe, Dominanzstreben, Abwertung Anderer, etc.) die weder ihnen selbst, noch Anderen gut tun. Bei der Diskussion über die Wirkungen sollte Jungenarbeit jedoch nicht mit unrealistischen Zielsetzungen überfrachtet werden - z. B. als neue "Geheimwaffe" in der Gewaltprävention. Jungenarbeit mit einem verständnisvollen Blick auf die "kleinen Helden in Not" ist notwendig, nicht um Abweichung zu verhüten, sondern um Jungen in ihrer Entwicklung zu fördern, um sie auf ihrer Suche nach Männlichkeit zu unterstützen und kritisch zu begleiten.
4.1 Jungenarbeit ist parteilich, emanzipatorisch, empathisch, präventiv und ganzheitlich Parteilich, weil sie mit (durchaus auch kritischer) Sympathie begleitet; emanzipatorisch, weil sie Jungen hilft, sich aus dem Panzer und dem Druck der starren Bilder von Männlichkeit zu befreien; empathisch, weil sie mit den Jungen fühlt und sie ernst nimmt; präventiv, weil sie dazu beitragen kann, z.B. Konflikte gewaltfrei zu lösen; ganzheitlich, weil sie die gesamte Person im Blick hat und alle Aspekte von Männlichkeit wahrnimmt.
4.2 Jungen stärken Jungenarbeit blendet die Defizite der Jungen nicht aus. Aber schlechte Nachrichten über sich selber erhalten die Jungen schon genug. Deshalb ist der Ansatzpunkt der Jungenarbeit nicht defizitär: Sie versucht vielmehr Potenziale und Kompetenzen, Stärken aufzuzeigen und zu unterstützen. Jungenarbeit unterstützt die positiven Eigenschaften einzelner Jungen und wirkt identitätsstärkend.
4.3 Geschlechtsbewusste Reflexion des Alltags Eine systematische Reflexion des Jungenarbeiters und seines Arbeitsansatzes ist Grundvoraussetzung methodischen Handelns und Basis für die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendarbeit. Hier spielt auch die notwendige Selbstreflexion der eigenen Sozialisation und Identität des Jungenarbeiters eine erhebliche Rolle. Grundvoraussetzung von geschlechtsbewusstem Handeln ist wiederum eine Reflexion der erlebten Alltagsabläufe und des eigenen Handelns unter geschlechtsdifferenziertem Blickwinkel.
4.4 Jungenarbeit in geschlechtshomogenen Gruppen / Settings Jungenarbeit in geschlechtshomogenen Gruppen (im Rahmen von Jungengruppen, Jungenwochenenden, spezifischer Angebote nur für Jungen etc.) kann für die Jungen entlastend sein. Die Abwesenheit von Mädchen/Frauen bietet einen "Schonraum" und fördert die Solidarität unter den Jungen, wenn sie ungewohnte Rollen und Handlungsformen "ausprobieren" und sich dadurch erst mal auf unsicheres Terrain begeben. Außerdem entfällt das Profilierungsbedürfnis der Jungen gegenüber den Mädchen. Die Abwesenheit von Mädchen / Frauen bedeutet jedoch nicht schon per se Jungenarbeit. So ist die Arbeit mit Jungen, z.B. das reine Fußballangebot für Jungen, nicht gleich Jungenarbeit: erst wenn eine Reflexion männlicher Geschlechtsrollen (-anforderungen) einbezogen wird, verdient diese Pädagogik die Bezeichnung 'Jungenarbeit'.
4.5 Jungenarbeit in der Koedukation In der Koedukation hat Jungenarbeit u. a. "Dolmetscherfunktion": wenn auch Verständnis für die jeweils unterschiedlichen Welten von Jungen und Mädchen oft nur schwer zu erreichen ist, so ist es doch notwendig, für Verständigung zwischen Jungen und Mädchen (z. B. über Umgangsformen) zu sorgen.
4.6 Grenzen setzen, Grenzen erkennen Einen zentralen Aspekt der Jugendarbeit bildet die Auseinandersetzungen mit Jungen um Grenzen: Grenzverletzungen, Übergriffe, sexualisierte Gewalt, sexualisierte Sprache gehören zum Alltag. Jungenarbeiter müssen hier Position beziehen vor dem Hintergrund des eigenen Werteverständnisses von Männlichkeit. Jungenarbeiter können sich nicht auf formale, abstrakte Werte zurückziehen, sondern müssen sich den Auseinandersetzungen mit den Jungen um Grenzen stellen. Die Vermittlung von Grenzen ist für die Jungen nicht nur einschränkend ("Ich darf hier nicht wie RAMBO den Raum dominieren"), sondern auch entlastend ("Ich muss hier gar nicht...") und bietet somit auch einen Schutz und eine Möglichkeit, sich zu öffnen.
4.7 Die Rolle des Pädagogen Ebenso wie geschlechtsspezifische Arbeit mit Mädchen von Pädagoginnen durchgeführt wird, sind für die Jungenarbeit männliche Pädagogen erforderlich. Jungen brauchen "(an-)greifbare" Vorbilder als Reibungsfläche, ggf. zur Abgrenzung. Das können nur Männer sein. Eine weitere Schlüsselqualifikation für den Jungenarbeiter ist interkulturelle Kompetenz, die zunächst bedeutet, sich auf unvertraute und unsichere Situationen einlassen zu können, selber neugierig und interessiert zu bleiben und selber lernen zu können. Nicht in allererster Linie, sondern nachrangig gefragt ist dann die Vermehrung des Wissens über das angeblich Fremde, religiöse Gepflogenheiten oder Familienorientierungen.
5.1 Konzeptionelle Absicherung der Jungenarbeit Grundlegende Entwürfe zur Umsetzung von Jungenarbeit sollen Bestandteile der Konzepte aller Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit, der Jugendverbandsarbeit, der Jugendfreizeiten und weiterer Einrichtungen der Jugendhilfe sein. Dies ist ebenfalls in den Leistungsverträgen festzuschreiben und zu evaluieren.
Für die Erarbeitung bzw. Weiterentwicklung geschlechtsspezifischer pädagogischer Konzeptionen für die Arbeit mit Jungen soll den Fachkräften in allen Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfen ausreichende Zeit eingeräumt werden. Hierzu sind entsprechende Fortbildungsangebote durch die Kommune zu entwickeln und den jeweiligen pädagogischen Fachkräften auch trägerübergreifend zugänglich zu machen. Möglichst auf der Verwaltungsebene sind entsprechende personelle und organisatorische Voraussetzungen zu schaffen, die über das derzeitig bestehende Vertiefungsgebiet der Bezirksjugendpflege hinausgehen. Dies bedeutet, dass zusätzlich ein Fachberater mit ausreichender fachlicher Kompetenz im Bereich der Jungenarbeit eingesetzt wird. Dieser soll Projekte mit ausreichender finanzieller Ausstattung anregen und gegebenenfalls durchführen, Konzepte weiterentwickeln sowie Fortbildungen für Fachkräfte organisieren und eine Supervision für die Jungenarbeiter anbieten. Die Aufgabe der Fachberatung kann auch bei einem Freien Träger angesiedelt sein, der mit den dementsprechenden personellen und finanziellen Ressourcen auszustatten ist. Die Vernetzung und Kooperation der Jungenarbeit mit der Praxis der Mädchenarbeit ist weiter zu verfolgen und aus zu bauen (Zusammenarbeit zwischen Arbeitskreisen der Jungen- und Mädchenarbeit), um in gemeinsamer Diskussion und Aktion geschlechtsspezifisch die differenzierte Jugendhilfe zu fördern.
5.2 Personelle Absicherung Bei Stellenausschreibungen- und Besetzungen in den Einrichtungen der Jugendhilfe sollen die Erfordernisse fachlicher Kompetenz im Bereich der Jungenarbeit berücksichtigt werden. Jungenarbeiter sollten für die Supervision durch die Fachberatung sowie die Teilnahme an Jungenarbeitskreisen von ihrem Träger freigestellt werden. Eine geschlechtergerechte Besetzung der Arbeitsstellen ist zu beachten. In Kinder- und Jugendeinrichtungen, die überwiegend von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund besucht werden, müssen Fachkräfte mit entsprechender interkultureller Kompetenz vorrangig eingestellt werden.
5.3 Finanzielle Absicherung Um Maßnahmen der Jungenarbeit durchzuführen, bedarf es in den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe zeitlicher, räumlicher und finanzieller Mittel. Zu fördern sind neue Handlungsansätze und innovative Konzepte wie z.B. die "Boys Days – ein Projekt zu Berufsfindung und Lebensplanung der Jungs". Maßnahmen der Jungenarbeit sind in einem Berichtswesen über die Verwendung von öffentlichen Mitteln nachzuweisen. In den Haushaltsansätzen der Einrichtungen sind Mittel für Jungenarbeit vorzusehen.
5.4 Inhaltliche Absicherung der Jungenarbeit auf der Ebene des JHA Der Jugendhilfeausschuss verpflichtet sich, das Thema Jungenarbeit als Querschnittsthema zu behandeln. In den Unterausschüssen des JHA sind existierende Konzepte und Rahmenrichtlinien zu überprüfen. Ein eigenständiger Fachbeirat für Jungenarbeit mit beratender Stimme im JHA sorgt in Abstimmung mit dem Fachberater für die Umsetzung und Absicherung der geschlechtsspezifischen Jungenarbeit im Sinne der Rahmenrichtlinien.
5.5 Kinder- und Jugendhilfeplanung Für eine Bedarfserhebung in der Jungenarbeit sind Instrumente zu entwickeln und Daten zu erheben, um fehlende Angebote für Jungen zu eruieren. Um die Planung und Prozesse in der Praxis zu verankern und umzusetzen, trifft der öffentliche Träger mit den freien Trägern der Jugendhilfe adäquate Zielvereinbarungen z.B. bei Jahresplanungsgesprächen, um die Querschnittsaufgabe bei Bestandsaufnahmen, Planungen und Evaluation in der Praxis zu verankern. Die Verwaltung unterrichtet jährlich den JHA über den Stand und die Umsetzung der Richtlinien.
Die Bielefelder Rahmenrichtlinien zur Förderung der Jungenarbeit in der Kinder- und Jugendhilfe wurde formuliert von Mitwirkenden des Arbeitskreises Forum Jungenarbeit in Bielefeld
Stand: September 2008